Was denken Pendler*innen über nachhaltige Mobilität?

Im Februar haben wir Pkw-Pendler*innen zum Thema nachhaltige Mobilität befragt. Dazu haben wir uns an drei Standorten an den Eingang gestellt und sind mit Mitarbeiter*innen von WALA und Evangelischer Akademie ins Gespräch gekommen. Vielen Dank an alle, die sich darauf eingelassen haben!


Ein Ziel der Aktion war es herauszufinden, wie groß die Bereitschaft unter der Belegschaft ist, auch mal Alternativen zum Auto auszuprobieren. Ein zweites, etwas versteckteres Ziel der Befragung war, herauszufinden, ob Befragte auf unterschiedliche Fragen unterschiedlich reagieren. Inspiriert hat uns dazu das umweltpsychologische Forschungsinteresse unseres wissenschaftlichen Projektpartners von der FH Bielefeld, wie Menschen für umweltfreundliches Verhalten gewonnen werden können.

 

In unserem Versuchen mit insgesamt 82 Personen in der Akademie und bei der WALA haben wir drei Varianten der Ansprache ausprobiert:

 

a) Utopie: Wir haben nach den Vorteilen einer autofreie(re)n Welt gefragt;

b) Dystopie: Wir haben die Gesprächspartner auf drängende Probleme und die Notwendigkeit für Veränderungen hingewiesen;

c) Vernunft: Wir haben nach vernünftigen Argumenten für eine Auseinandersetzung mit Mobilitätslösungen jenseits des Pkw gefragt.

 

Nach jedem Gespräch haben wir in einem Bewertungsbogen unsere Einschätzung zum Gespräch und zur Offenheit unserer Interviewpartner für Veränderung notiert. Die Auswertung (siehe dazu die Diagramme) zeigt deutliche Unterschiede. Wenn wir die Vorteile nachhaltiger Mobilität oder sachliche Argumente in den Vordergrund gestellt haben, waren die Hälfte der Befragten offen oder sehr offen für Veränderung. Der Hinweis auf Probleme und Handlungsdruck dagegen hat eher Abwehr und Reaktanzverhalten hervorgerufen.

 

Eine weitere Beobachtung war, dass zwar einige Kollegen und Kolleginnen gerne auch mal das Fahrrad nehmen, aber Bahn und Bus kommen in der Meinung vieler Befragten nicht gut weg. Dabei waren unter unseren Gesprächspartnern nur wenige, die die Verbindungen mit dem ÖPNV auf dem Weg zur Arbeit wirklich kennen oder schon ausprobiert haben. Aber einige haben auch gesagt, sie könnten sich vorstellen, einmal eine Woche ohne Auto auszuprobieren. Für diese Mutigen hatten wir eine Challenge „Eine Woche ohne Auto“ im Angebot.

 

Interessant war, dass die meisten Befragten sichtlich Mühe hatten, sich eine positive Vision vorzustellen, ohne dabei ihre derzeitige eigene Situation mitzudenken. In der Betrachtung der Befragten überwogen ganz eindeutig die individuellen Nachteile eines Lebens ohne Auto. Die Vorstellungen nachhaltiger Mobilität sind unauflöslich mit der heutigen Realität verbunden, vergessen aber, dass die infrastrukturellen Rahmenbedingungen nicht naturgegeben, sondern gestaltet sind - und neu gestaltet werden können. Wenn es überall sichere Radwege gäbe und der ÖPNV selbst auf dem Land richtig gut wäre, bräuchten dann noch jede/r ein Auto? Wie sähen die Innenstädte, die Dörfer, das Gelände rund um unseren Arbeitsplatz aus, wenn es nur noch wenige Autos gäbe? Es fehlt uns an Fantasie, wie Mobilität ohne Auto in Bad Boll gestaltet werden kann und welche Vorteile damit verbunden wären.

 

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Veröffentlichung

Mo, 16. März 2020

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